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Red Bull Romaniacs

Die Red Bull Romaniacs extrem hard enduro ralley findet in Rumänien über 5 Fahrtage statt. Sie zählt zu den härtesten Hardenduro Rennen der Welt. Am ersten Tag haben alle Fahrer einen Prolog aus künstlich aufgebauten Hindernissen, bestehend aus Steinen, Baumstämmen und gezimmerten Hindernissen zu bewältigen. An den anschließenden 4 Offroad-Tagen mit jeweils durchschnittlich 120 km Streckenlänge wird den Fahrern einiges abverlangt. 

Prolog

Bereits an dem Tag als wir in Sibiu ankamen schauten wir uns den Prolog an. So schwierig wie befürchtet war er Gott sei Dank nicht. Er bestand aus Baumstämmen und jede Menge Reifen und Steine. Eigentlich wollte ich den Prolog nicht fahren, um einen vorzeitigen Ausfall durch eine Verletzung zu vermeiden, aber in Sibiu angekommen, packte mich das Rennfieber und mein Papa und ich beschlossen, dass wir den Prolog vorsichtig mitfahren. Vormittags durften die Klassen Gold, Silver und Bronze ihre Läufe absolvieren, mittags waren dann wir dran. Es wurde einzeln gestartet. Leider stand bereits am Anfang des Prologs ein anderer Fahrer in einem Hindernis mit großen Reifen und Steinen. Die Ideallinie war blockiert, aber eine andere Linie zu wählen wäre nicht gut gewesen. Also wartete ich. Die anderen Hindernisse konnte ich dann zügig durchfahren bis zum Letzten. Vor lauter Anstrengung fiel mir mein Vorderrad zwischen die Reifen. Mit sehr viel Ziehen konnte ich dieses aus den Reifen herausbekommen. Danach war meine gesamte Energie weg. Ich fuhr völlig am Ende durchs Ziel. 4 Minuten 52 Sekunden, die mich total erschöpften. Mit einem 22. Platz im Prolog durfte ich am nächsten Tag in der Iron Klasse auch als 22. starten.

Offroad-Tag 1

Am 1. Renntag war ich dann schon vor dem Frühstück nervös, weil ich natürlich nicht wusste was mich erwartet. Wir fuhren zum Start und zogen uns an. Die Mopeds waren perfekt hergerichtet. Gestartet wurde zu zweit im Abstand von einer Minute. Da ich nicht wusste wie gut die anderen Fahrer navigieren, ließ ich den anderen Fahrern den Vortritt. Der Plan war den Tag ruhig anzugehen. Leider waren alle vor mir eher schlecht im Navigieren und so war ich unverhofft ziemlich schnell vorne. Die Strecke führte zackig ziemlich weit den Berg hinauf. Die vielen Höhenmeter waren sehr anstrengend. Nach kurzer Zeit merkte ich dann, dass meine Fußraste locker war. Anscheinend hatte sich der Splint gelöst und der Bolzen drohte rauszufallen. Aus Angst meine Fußraste zu verlieren, blieb ich ständig darauf stehen. Mein Fahrstil war dadurch ziemlich beeinträchtigt. Die Strecke war super. Sie führte durch eine atemberaubende Landschaft, über Hügel, grasbewachsene Hänge und Waldwege. An diesem Tag kam ich in meinen Rhythmus. Die Strecke war ziemlich schnell und ich konnte meine Freeride auf den Waldwegen richtig fliegen lassen. Nach 3 Stunden voll Stoff fing ich an zu überlegen, wann der Service Point endlich kommt. Meine Fußraste war immer noch locker und eine Pause zum Essen war dringend nötig. Nach dem nächsten Tankpunkt kam dann auch der sehnsüchtig erwartete Service Point. Meine Fußraste wurde schnell repariert und ich bekam etwas zu essen und zu trinken. Die Motivation war immer noch groß und so bretterte ich weiter. Zeitweise musste ich sogar das Gas ein bisschen zurücknehmen, damit „der Gaul nicht mit mir durchging“. Die Strecke führte durch ein Dorf mit Tempolimit, das wir konsequent einhalten mussten. Anschließend ging es den Berg wieder hinauf. Oben angekommen führte ein Bachbett nach unten. Das war die erste etwas technischere Passage an diesem Tag. Auf den rutschigen Steinen legte ich mein Moped ein paar Mal hin. Unten angekommen waren meine Arme schwer wie Blei und ich war froh, dass es wieder auf einem Feldweg weiter ging. Bald merkte ich, dass mein Handguard nach unten hing. So konnte ich nicht weit fahren, da die Gefahr zu groß war, dass ich einhaken und einen Abflug machen würde. Nachdem ich den Handguard mit Draht befestigt hatte, fuhr ich weiter. Es ging anschließend noch einmal ein kurzes Stück ein Bachbett runter und schon sah ich das Ziel. Ich habe 2 Minuten davor meinen Handguard repariert. Das hätte echt nicht sein müssen. Trotzdem kam ich als Dritte in Ziel.

Offroad-Tag 2

Wegen meiner Platzierung vom Vortag startete ich als Dritte. Die Anderen legten ab dem Start ein sehr hohes Tempo vor und die Strecke führte uns dieses Mal durch einen Wald in dem lauter umgefallene Bäume und abgeschnittene Äste am Boden lagen. Es war das totale Chaos. Ich sah nicht mal mehr die Strecke und nachdem ich mein Moped ein paar Mal umgeschmissen, überschlagen und wieder aufgehoben hatte, fiel mir auf, dass eins meiner 2 GPS nicht mehr am Lenker war. Auch mein erstes GPS hing nur noch neben der abgebrochenen Plastikhalterung. Ich dachte mir nur „Das muss jetzt bis zum Service Point noch halten.“ Vor dem Service Point kamen einige Abfahrten bei denen ich tatsächlich schieben musste, weil sie so rutschig waren. Mehr unter dem Motorrad als daneben schlitterte ich den Hang hinunter. Im Service Point wurde mein GPS dann notdürftig repariert. Bis zum Ziel würde es hoffentlich schon halten. Mit einem Platz 2 an diesem Tag rutschte ich auch auf einen Platz 2 in der Gesamtwertung nach vorne. Ich freue mich riesig.

Offroad-Tag 3

 Am 3. Tag stieg der Druck schon etwas. Geschlafen hatte ich nicht mehr so gut und mein Körper fing an die ersten Anzeichen eines Muskelkaters zu zeigen. Am Abend zuvor hatten wir noch Reifen gewechselt, was ich an diesem Tag als erheblicher Vorteil herausstellte. Durch den weichen Mousse und Reifen konnte ich überall mühelos Grip finden. Auch an diesem Tag war das Tempo sehr hoch. Nach einer Wald Passage merkte ich, dass mein E-Starter nicht mehr funktionierte. Das war bei meiner KTM Freeride eine Katastrophe! Die Freeride hat keinen Kickstarter, somit musste ich mein Moped beim Bergabfahren starten. Da mir bei einem anderen Rennen schon mal der E-Starter versagt hatte, hatte ich eine zweite Batterie mit separatem E-Starter eingebaut. Diese war leider auf der linken Seite des Lenkers montiert. Wenn ich die Kuppelung gezogen hatte konnte ich mit meinem Daumen leider den Knopf nicht erreichen. Dadurch war das Starten zwar möglich, aber sehr, sehr umständlich. An einer kniffligen Stelle starb mein Motorrad ab. Bei dem Versuch mein Motorrad durch anlaufen lassen wieder zu starten, rutschte ich auf den Wurzeln aus und machte einen Überschlag nach vorne. Ohne E-Starter war die Strecke plötzlich doppelt so schwer und anstrengend. Am Service Point angekommen, wurden die beiden Startknöpfe getauscht. Mit neuer Power für mich und für mein Moped ging es weiter. Relativ zum Schluss dieses Renntages hatten wir noch eine Verbindungsetappe. Ungefähr 1 Stunde 20 Minuten lang ging es auf Feldwegen zum nächsten Teil der Strecke. Bei einem Tankpunkt wurde mir dann gesagt, dass ich nicht so langsam fahren darf. Die Verbindungsstrecke war nicht zum trödeln, sondern musste mit 60 bis 70 km/h gefahren werden. Außerdem war ich gesamt Erste. Dadurch angespornt, fuhr ich auf einen guten Platz 3 an diesem Tag ins Ziel. Gesamt war es ab diesem Tag ein unglaublicher Platz 1! 
Am Abend wechselten wir nochmal den hinteren Reifen und luden meine Batterien auf. Am nächsten Tag war Regen angesagt. Die Anspannung vor dem Schlafengehen war enorm.

Offroad-Tag 4

An diesem Tag starteten wir im Paddock in Sibiu. Eine Verbindungsetappe führte uns bis zum Start. Beim Start angekommen, war ich bereits komplett nass und durchweicht. Dann begann der schlimmste Tag der Red Bull Romaniacs. Der ganze Vormittag bestand für mich aus rutschigen Baumstämmen, Wurzeln, spiegelglatten Abfahrten, schmierigen Querfahrten und es war einfach alles nass. Bereits nach einer Stunde war ich am Ende meiner Kräfte. Bei den Bergauffahrten konnte ich mich nicht mal mehr auf dem Sattel halten. Ich dachte schon ans Aufhören. Als ich mir dann auch noch an einem Baumstamm meine Krümmerhalterung abriss und unter dem Tank den Auspuff auseinander brach, dachte ich mir „Oh Nein! Ich schaff‘s heute nicht mehr ins Ziel!“ Die Enttäuschung war groß. Mit ohrenbetäubender Lautstärke, aber immer noch genauso viel Leistung wie vorher fuhr ich bis zum Service Point. Bei der Einfahrt in den Service Point war ich nervlich und körperlich so am Ende, dass ich sogar von den Holzrampen, die von den Containern herunter führten, einfach nur runter rutschte und fiel. Von der Weite schrie ich schon voller Panik „Wir müssen meinen Auspuff reparieren!“ Ich konnte es kaum glauben, dass ich noch durch eine Schirmbar mit trinkenden und grölenden Zuschauern fahren musste. Bei meinem Team angekommen, versuchte mein Freund sofort sein Möglichstes meinen Auspuff wieder in Ordnung zu bringen. Er konnte ihn aber leider nur nach oben hängen, da die komplette Halterung abgerissen war und der Auspuff zusätzlich in der Mitte gebrochen war. Mit neuen Handschuhen, einigermaßen guten Nerven und einem trockenen Helm ging's dann weiter.

Ab dem Service Point war es mein Tag. Die Strecke führte immer mehr in felsiges Gelände und ich konnte mit hohem Tempo und weniger Anstrengung als am Vormittag weiterfahren. Da wir am Service Point nicht über meine Platzierung gesprochen hatten, wusste ich nicht wo ich stand. Eigentlich hatte ich schon aufgegeben auf das Podium zu fahren, aber eine Top-10-Platzierung stellte ich mir schon noch vor. Da ich mich damit abgefunden hatte, dass es kein Treppchen-Platz mehr für mich wird, wollte ich entspannt ins Ziel fahren. Kurz vor dem Ziel mussten wir unsere GPS-Geräte abgeben damit unser Track überprüft werden konnte und eine schnelle Auswertung der Ergebnisse und der tatsächlichen Gesamtplatzierungen stattfinden konnte. An diesem Check Point sagten sie mir ich wäre auf Platz 1 und ich müsste nur noch ins Ziel kommen. Das tat ich dann auch.

Im Ziel konnte ich es dann überhaupt nicht glauben. Erst als wir dann zur vorläufigen Siegerehrung auf dem Red Bull Truck gerufen wurden, war mir klar, dass ich tatsächlich gerade als erste Frau in der Geschichte der Romaniacs die Iron Klasse gewonnen hatte! Auch über eine Woche danach kann ich es kaum glauben. An dieser Stelle möchte ich mich in erster Linie bei meiner Familie bedanken. Bei meinem Papa, der mir schon immer ermöglicht meine Träume zu leben und mir von klein auf alles rund ums Motorrad (Fahren und Schrauben) beigebracht hat. Bei meiner Mama, die schon mein ganzes Leben lang im Fahrerlager und auch sonst für mich da ist und sich darum kümmert, dass es mir so gut wie möglich geht. Und bei meinem Freund Franz, der bei der Romaniacs heuer der beste Mechaniker, Kumpel, Physio und Mentalcoach war den man sich vorstellen kann.

Bereit für die Red Bull Romaniacs! (v.l. Peter und Anna Schmölzl)

Prolog

Start des ersten Offroad Tages.

Super vorbereitet für Tag 2. (v.l. Anna Schmölzl und Franz Aschauer)

Glücklich im Ziel an Tag 3. (v.l. Anna Schmölzl und Petra Schmölzl)

Kräfte sammeln vor dem letzten Streckenteil

Zieleinfahrt